Stuhl 118: Die 'Making-of Story'
im Interview mit Sebastian Herkner © arcade, März/April 2018
Sebastian, wie hat sich die Zusammenarbeit mit Thonet ergeben?
Ich kannte Norbert Ruf (Art Director, Thonet) bereits von einem früheren Projekt. Er wusste also schon, wie ich arbeite, und fragte mich letzten Sommer, ob ich mit Thonet zusammen zur imm einen Stuhl entwickeln möchte.
Und wie lautete das Briefing?
Das Briefing bezog sich einerseits auf die Traditionsmarke Thonet sowie auf das Thema „100 Jahre Bauhaus“ und den „Frankfurter Stuhl“. Es sollte ein Allrounder werden, der in der Gastronomie genauso funktioniert wie daheim. Stabil, komfortabel, langlebig, aber auch simpel und ehrlich, zu einem überschaubaren Preis.
Welche Aspekte waren dir persönlich besonders wichtig?
Als Designer habe ich natürlich Respekt vor dem Thema „Frankfurter Stuhl“ sowie auch dem Unternehmen gegenüber und dadurch auch eine Verantwortung. Der Entwurf sollte zum einen diesen Thonet-Spirit rüberbringen und zum anderen meine eigene Handschrift tragen. Deshalb habe ich Wert darauf gelegt, dass Sitz und Rückenlehne nicht furniert, sondern aus Vollholz gebogen werden, so dass nichts absplittern kann, wenn der Stuhl irgendwo anstößt. Besonders wichtig war mir auch eine Lackversion. Ich wollte dieses Hochglänzende, was bedeutet, dass man mehrmals lackieren und mehrmals schleifen muss, insgesamt bis zu sechs Mal. Also sehr aufwendig. Wichtig waren mir auch die Farben und Details. Ich habe mir das Grün und dieses ganz dunkle Lack-Blau gewünscht. Das war vielleicht die größte Diskussion und ich denke, das Blau könnte vielleicht noch eine Spur dunkler sein (blickt zum Prototyp hinüber). Besonders ist auch die Gestaltung der Beine, die auf der Rückseite abgerundet sind. Sie greifen formal die Fläche des Sitzes auf und sind nach vorne hin abgekantet. Im Ergebnis gibt sich daraus ein ganz schönes Spiel, wie sich das Licht bricht. Licht ist ja elementar für Farbe und Material und wie das Produkt rüberkommt. Durch diese Akzente bekommt der Stuhl eine gewisse Eleganz und Feinheit.
Der handwerkliche Bezug spielt bei dir ja auch immer eine große Rolle.
Genau, deshalb fand ich es auch schön, wieder mit einer Manufaktur wie Thonet zu arbeiten. Ein deutsches Unternehmen, das so wie Schramm oder Wittman (für die Herkner zur imm ebenfalls Neuheiten entwickelt hat) ebenfalls in Deutschland fertigt. Und dann natürlich die „Hessen Connection“, so dass man schnell mal rüberfahren konnte. (Thonet hat seinen Sitz in Frankenberg, das Studio von Sebastian Herkner liegt in Offenbach.)
Warst du selbst auch in der Werkstatt bei Thonet?
Natürlich! Ich habe auch Holz gebogen. Dabei geht es nicht nur um Kraft, sondern auch um das Wissen, wann du das Teil wie biegen und verdrehen musst. Es gehört viel Fingerspitzengefühl dazu.
Der Designer
Sebastian Herkner (geb. 1981) studierte Produktdesign an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach. Bereits während des Studiums konzentrierte er sich auf die Gestaltung von Objekten und Möbeln, die sich durch das Verschmelzen unterschiedlicher kultureller Einflüsse und die Kombination neuer Technologien mit traditioneller Handwerkskunst auszeichnen. Sein Ziel ist es, die facettenreiche Schönheit der Materialien zur Geltung zu bringen und subtilen Details zu neuer Aufmerksamkeit zu verhelfen. 2006 gründete er sein eigenes Designstudio in Offenbach am Main und hat seither Produkte für international bekannte Unternehmen wie ClassiCon, Gervasoni und Moroso entworfen. Darüber hinaus entwickelt er in der Zusammenarbeit mit Ausstellern und Museen Projekte in den Bereichen Innenarchitektur und Ausstellungsdesign. Seine Arbeiten sind bereits vielfach ausgezeichnet worden.